Thanks are given to Delphine Lettau for finding a huge collection of ancient
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Ausgewählte Schriften
Heinrich von Kleist
Gesammelte Kleine Werke
Inhalt:
Das Bettelweib von Locarno
Das Erdbeben in Chili
Der Findling
Der Zweikampf
Die heilige Cäcilie
Die Marquise von O…
Die Verlobung in St. Domingo
Geistererscheinung
Michael Kohlhaas
Das Bettelweib von Locarno
Am Fuße der Alpen bei Locarno im oberen Italien befand sich ein altes,einem Marchese gehöriges Schloß, das man jetzt, wenn man vom St.Gotthard kommt, in Schutt und Trümmern liegen sieht: ein Schloß mithohen und weitläufigen Zimmern, in deren einem einst auf Stroh, dasman ihr unterschüttete, eine alte kranke Frau, die sich bettelnd vorder Tür eingefunden hatte, von der Hausfrau aus Mitleiden gebettetworden war. Der Marchese, der bei der Rückkehr von der Jagd zufälligin das Zimmer trat, wo er seine Büchse abzusetzen pflegte, befahl derFrau unwillig, aus dem Winkel, in welchem sie lag, aufzustehn undsich hinter den Ofen zu verfügen. Die Frau, da sie sich erhob,glitschte mit der Krücke auf dem glatten Boden aus und beschädigtesich auf eine gefährliche Weise das Kreuz; dergestalt, daß sie zwarnoch mit unsäglicher Mühe aufstand und quer, wie es ihrvorgeschrieben war, über das Zimmer ging, hinter dem Ofen aber unterStöhnen und Ächzen niedersank und verschied.
Mehrere Jahre nachher, da der Marchese durch Krieg und Mißwachs inbedenkliche Vermögensumstände geraten war, fand sich einflorentinischer Ritter bei ihm ein, der das Schloß seiner schönenLage wegen von ihm kaufen wollte. Der Marchese, dem viel an demHandel gelegen war, gab seiner Frau auf, den Fremden in demobenerwähnten leerstehenden Zimmer, das sehr schön und prächtigeingerichtet war, unterzubringen. Aber wie betreten war das Ehepaar,als der Ritter mitten in der Nacht verstört und bleich zu ihnenherunterkam, hoch und teuer versichernd, daß es in dem Zimmer spuke,indem etwas, das dem Blick unsichtbar gewesen, mit einem Geräusch,als ob es auf Stroh gelegen, im Zimmerwinkel aufgestanden mitvernehmlichen Schritten langsam und gebrechlich quer über drei Zimmergegangen und hinter dem Ofen unter Stöhnen und Ächzen niedergesunkensei.
Der Marchese, erschrocken, er wußte selbst nicht recht warum, lachteden Ritter mit erkünstelter Heiterkeit aus und sagte, er wollesogleich aufstehen und die Nacht zu seiner Beruhigung mit ihm in demZimmer zubringen. Doch der Ritter bat um die Gefälligkeit, ihm zuerlauben, daß er auf einem Lehnstuhl in seinem Schlafzimmerübernachte; und als der Morgen kam, ließ er anspannen, empfahl sichund reiste ab.
Dieser Vorfall, der außerordentliches Aufsehen machte, schreckte aufeine dem March